INHALT:
Einleitung: Die
vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den allgemeinen ökonomischen Strukturen
des Online-Marktes und dessen wirtschaftlicher Bedeutung für die Pressebranche.
Dabei werden die Charakteristika und die Wettbewerbsstrukturen des
Online-Marktes als Verständnisgrundlage für die Analysen der
Wettbewerbssituation informatorischer Online-Angebote auf dem Online-Markt
sowie des Konkurrenzpotentials des Online-Marktes zum Pressemarkt vorgestellt. Im ersten Teil werden die grundlegenden
Charakteristika des Online-Marktes, die spezifischen Eigenschaften des
neuartigen Publikationsmediums Internet und das sich ergebende Potential für
einen Konkurrenzmarkt zum etablierten Mediensystem untersucht. Zur Beschreibung
der unternehmerischen Aktivitäten der Presseunternehmen auf dem Online-Markt
werden im zweiten Teil die quantitative Verteilung von Online-Angebote
existierender Presseartikel beschrieben und bezüglich ihrer der Aufbaustruktur
sowie der strategischen Intentionen
analysiert. Aufbauend auf den im dritten Teil erläuterten grundlegenden
Wettbewerbsdeterminanten und Strategien zur Produktkonzipierung auf dem
Online-Markt wird im vierten Teil eine Klassifikation neuartiger
informatorischer Online-Angebote vorgestellt, die einerseits als neue
Konkurrenten der alten auf dem Online-Markt auftreten und andererseits das
Konkurrenzpotential des Online-Marktes zu den alten Medien stärken. Im fünften Teil werden die wesentlichen
Aspekte der Finanzierung speziell für journalistische Angebote aufgezeigt. Zum Schluss wird in der Zusammenfassung ein Ergebnisbewertung der Untersuchungen
bezüglich der Bedeutung für unternehmerische Aktivitäten auf dem Online-Markt
vorgenommen.
Teil
I: Die grundlegenden Charakteristika des Online-Marktes: Um
die wesentlichen Eigenschaften des Online-Marktes in seiner momentanen
Entwicklungsphase zu verstehen, werden erstens die entwicklungsbedingten
Gegebenheiten betrachtet und zweitens die Qualitäten des Internet als neuem
Medium untersucht, welches als
Kommunikations- und Publikationsplattform des Online-Marktes fungiert. Der
kommerzielle Online-Markt ist sehr jung: seine Entwicklung beginnt mit dem
Erscheinen des ersten kommerziell nutzbarem Internetbrowsers MOSAIC im Jahre
1993. Nachdem das Internet (genauer: der Internetdienst World Wide Web) zuvor
lediglich für wissenschaftliche und militärische Zwecke genutzt worden war,
entwickelten sich erste Geschäftsideen, die das Internet als Marktplatz nutzten
und als Produkt vornehmlich informatorische Dienstleistungen anboten. Die
Anbieter solcher Geschäftsideen agierten völlig unabhängig voneinander und ohne
jegliche Wettbewerbseinschränkungen, woraus sich als zweiter wichtiger Aspekt
die dezentrale Struktur des Internet erklärt. Es setzte – zunächst noch
zögerlich – ein rasantes Wachstum auf vielen Ebenen dieses neuartigen Marktes
ein: die benötigte technische Infrastruktur wurde durch die
informationstechnologischen Innovationen innerhalb der letzten Jahre soweit
ausgereift, dass sie als Grundlage einer internetbasierten
Kommunikationsstruktur fungieren kann; weiterhin ist auf die Entwicklung
multimedialer Anwendungsumgebungen hinzuweisen, welche neuartige Formen der
Informationspräsentation ermöglichen. Die Anzahl von Internet-Hosts und
Start-Up-Unternehmungen, die mit neuen Geschäftsideen als Anbieter im
Online-Markt auftraten, verzeichnete in den Jahren 1994 bis 2000 einen enormen
Zuwachs; gleiches gilt auch für die Anzahl der Nutzer des Internet, die in
Deutschland seit 1997 von 4,1 Millionen auf derzeit 16 Millionen gestiegen ist.[1]
Man bezeichnet diese Entwicklung aufgrund ihrer Geschwindigkeit auch als
Diffusionsexplosion des Internet. Aufgrund
der genannten entwicklungsbedingten Eigenschaften lassen sich einige ökonomisch
bedeutsame Merkmale des Online-Marktes erklären[2]: der Wettbewerb ist erstens von
einer starken Dynamik geprägt, welche sich auf das relative junge
Entwicklungsstadium zurückführen läßt, zweitens findet man eine hohe
Intransparenz der wirtschaftlichen Prozesse vor, die aus der dezentralen
Struktur des Internets resultiert. Das dritte Merkmal ist die enorme
Schnelligkeit der Marktvorgänge, die sich einerseits aus dem rasanten
Wachstumsprozess und andererseits aus der starken Agitation der Wettbewerber
auf dem Online-Markt erklärt, und die die beiden zuvor genannten Merkmale
zusätzlich verstärkt. Der
Grund für den großen Agitationsaufwand der Unternehmen bezüglich des
Engagements auf dem Online-Markt ist in den Zielsetzungen der Partizipation zur
Erschließung neuer Erlösquellen und der Marktbesetzung zwecks Sicherung von Marktanteilen
in diesem neuen Geschäftsfeld zu suchen. Die Wettbewerbsintensität wird
verstärkt durch die egalitäre Marktstruktur: es gibt weder einen Kreis von
etablierten Unternehmen, die Zutrittsbarrieren in Form von Preisstrategien oder
einem unerreichbar hohem Standard an Produktqualität behaupten könnten, noch
sind die finanziellen Anforderungen zum Start eines kommerziellen
Online-Angebotes sonderlich hoch. Dieses Merkmal des Online-Marktes stellt
einen wesentlichen Aspekt im Vergleich mit den ökonomischen Gegebenheiten der
alten Pressemedien dar: im Gegensatz zum mit sehr hohe Eintrittsbarrieren
abgeschlossenen Marktes des Mediensektors bietet sich hier für branchenfremde
Unternehmen die Möglichkeit, mit einer soliden Geschäftsidee in den Markt einzusteigen
und eventuell als ernsthafte Konkurrenz für größere Unternehmen aufzutreten[3].
Allerdings
erweist sich für alle Wettbewerber eine langfristige strategische Planung
aufgrund der relative großen Unsicherheit bezüglich der Marktentwicklung als
sehr schwierig. Diese Unsicherheit beruht auf den unübersichtlichen und
ungefestigten Wettbewerbsstrukturen des Online-Marktes, welche durch die
vorhergehenden Merkmale impliziert und durch die Aktivitäten der beteiligten
Unternehmen stark determiniert werden. Weiterhin sind generell die allgemeinen
Problemstellungen einer Geschäftsneugründung (Kundenakzeptanz,
Startfinanzierung, Erlösverlaufskurve) zu berücksichtigen. Als
weiteres Indiz für die Nichtexistenz von festen Wettbewerbsstrukturen ist die
juristische Behandlung des Themas: es existieren keine anwendbaren
Gesetzgebungen oder Zuständigkeitsregelungen, so dass zunächst die juristischen
Tatbestände definiert werden müssen und somit keine gesetzlich verankerten
Kontrollinstanzen für die Entwicklung des Online-Marktes bestehen[4].
Neben
den allgemeinen Charakteristika des Online-Marktes ist für die Presselandschaft
von großer Bedeutung, dass mit dem Internet ein neues Publikationsmedium neben
den alten Druck- und Hörfunkmedien entstanden ist. Um eine Vergleichbasis der
Medienarten zu schaffen, werden im folgenden die Eigenschaften des Internets
als Publikationsmedium an vier Aspekten erläutert: erstens dem Technology Push,
worunter jene Eigenschaften fallen, die aus den technischen Eigenschaften resultieren und daher als
Anreizfaktoren Internetprodukte in den Markt stoßen. Zweitens am Market Pull,
der neue mediumsspezifische Qualitäten für den Nutzer von Internetprodukten
beinhaltet und somit das Produkt durch Nachfrageerhöhung in den Markt zieht2. Drittens an den neuartigen Möglichkeiten der
Informationsgestaltung für die Inhaltsproduzenten und viertens an möglichen
Applikationen, die den Nutzwert des Internet als Publikationsmedium gegenüber
den herkömmlichen Medien erweitern können[5]. Unter
dem Aspekt des Technology Push sind die Digitalisierung als
Informationsverarbeitungsprinzip sowie Begriffe wie Standardisierung,
Miniaturisierung und Steigerung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu nennen,
die in der Innovativität des informationstechnologischen Fortschrittes
begründet liegen. Die ökonomisch gegenüberstehende Funktion des Market Pull
beschreiben folgende Stichworte: erstens die Interaktivität, hier verstanden
als Möglichkeit der aktiven Kommunikation mittels des Internets (z.B. Chatten,
Email, etc.); zweitens die Unmittelbarkeit der Informationsübermittlung,
worunter die Zeit- und Ortsunabhängigkeit sowie die Möglichkeit der
Eigenrecherche durch den Nutzer zur Informationsgewinnung fallen; die
Multimedialität, die eine qualitative Veränderung von Informationsdarbietung
erlaubt; die Vernetzung und die sich so ergebende potentielle Vielfalt der
Angebote und die Senkung der Transaktionskosten, da im Allgemeinen
Internetangebote im Vergleich zu anderen Medien für den Rezipienten günstiger
sind. Die Möglichkeiten der Informationsgestaltung für Inhaltsproduzenten von Internetangebote sind
stark determiniert durch die schon erwähnten Aspekte der Multimedialität und
der Vernetzung; weiterhin bieten die standardisierten Formen der elektronischen
Informationsverarbeitung die Möglichkeit, effizientere Bearbeitungsverfahren
für Informationen zu entwickeln (z.B. Redaktionssysteme oder Mehrfachnutzung
mittels plattformunabhängiger Datenformate wie HTML / XML ). Der vierte Aspekt
der neuartigen Applikationen zur Erhöhung des Nutzwertes von internetbasierten
Informationsangeboten beschreibt Funktionen wie die Informationsarchivierung,
Suchfunktionen, die punktuelle Aktualität und die weltweite Verbreitung von
Internetangeboten, die aufgrund der digitalen Bearbeitung ohne großen Aufwand
angeboten werden können und wesentliche Verbesserungen des Nutzwertes
darstellen. Als
zusätzlicher, sehr zentraler Aspekt ist die starke Determination des Internet
als Publikationsmedium durch das Verhalten des Nutzers zu nennen, da der Nutzer
selber die Inhalte seiner Informationsaufnahme steuert und keine zeitliche
(siehe Hörfunk) oder quantitative Begrenzung (siehe Printpresse) des
Aktionsradius besteht. Die Bedeutung dieses neuen
Publikationsmediums für die Presseunternehmen beschränkt sich allerdings nicht
nur auf die bisher genannten Aspekte der Gestaltbarkeit von Information. Die
Relevanz wird erst in Verbindung mit dem Online-Markt deutlich: hier entwickelt
sich ein Konkurrenzmarkt zur etablierten Presselandschaft. Der grundlegender
Aspekt ist dabei der Bedeutungswandel von Information als Wirtschaftsgut, das
sich neben seiner bisherigen Funktion als integrativer Bestandteil von
Marktereignissen als neuartiges Hauptprodukt für die Endverbraucher im
Online-Markt etabliert hat[i].
Waren bisher die Massenmedien (Presse und Rundfunk) als Intermediär zwischen
Staat und Gesellschaft für die Bearbeitung und Bereitstellung von Informationen
für die Öffentlichkeit zuständig, die Inhaltsproduzenten professionelle
Journalisten und der Markt durch sehr hohe Eintrittsbarrieren abgeschlossen, so
ist durch die oben beschriebene egalitäre Struktur des Online-Marktes die
Möglichkeit für branchenfremde Unternehmen entstanden, sich mit
Inhaltsangeboten unter der Verwendung des Internets als Publikationsmedium
einem breiten potentiellen Publikum zu präsentieren. Also ist erstens der Markt
und die gesellschaftliche Funktion der Informationsverbreitung nicht mehr für
das geschlossene System der Massenmedien
reserviert und zweitens erhalten Information bzw. journalistische
Erzeugnisse eine veränderte ökonomische Bedeutung, deren Auswirkungen auf die
Medienbranche in den nächsten Abschnitten behandelt werden.
Teil II: Die alten Presseunternehmen auf dem
Online-Markt In
diesem Abschnitt wird ein Überblick über die Online-Angebote von Presseartikeln
nach ihrer publizistischen Gattungsdifferenzierung gegeben und die
Aufbaustruktur dieser Angebote analysiert, um abschließend die diesen
Aktivitäten zugrunde liegenden Motivationen und Strategien herauszustellen. Diese
erste Gliederung von Online-Angeboten behandelt die Onlineaktivitäten
existierender Presseartikel in Deutschland, wobei das quantitative Verhältnis
von Printartikeln und deren Online-Auftritten im Vordergrund steht und somit
das Engagement bezüglich der Nutzung des neuen Publikationsmediums Internet
aufgezeigt werden soll. Die Differenzierung beruht auf der klassischen
publizistischen Einteilung von Pressemedien nach den Kriterien der Publizität,
der Aktualität, der Universitalität und der Periodizität, aus der sich die
Mediengattungen Tageszeitungen, Wochen- / Sonntagszeitungen,
Publikumszeitschriften (General Interest) und Fachzeitschriften (Special
Interest) ergeben. Da die Struktur der Online-Angebote nicht homomorph zum
Printmarkt ist und somit Schwierigkeiten bei der wissenschaftlichen Definition
von Zähleinheiten auftreten, werden folgende zusätzliche
Differenzierungsparameter genutzt: erstens die Unterscheidung von
titelbezogenen Angeboten und Verbundsangebote, wobei die titelbezogenen
Angebote direkte Ableger des jeweiligen Printartikels sind, während
Verbundsangebote einen gemeinsamen Auftritt mehrerer Printartikel in sich
vereinen; zweitens wird der Aspekt des aktuellen Informationsangebotes herangezogen,
wobei die Aktualität bei mindestens zweimaliger Inhaltserneuerung pro Woche
gewährleistet ist. Die Daten beruhen auf einer Studie von Christoph
Neuberger, in der die quantitative Verteilung der Angebote zum 31.12.1999 als
Stichtag gemessen wurde[6]. Die
Gesamtzahl von Online-Angeboten, die einen Zeitungstitel als Bezeichnung
tragen, beträgt 388 (nach Schütz[7]): davon sind 329 Angebote
titelbezogen, 59 stellen Verlags- oder Kooperationsangebote dar. Diese Anzahl
entspricht ca. 97% der existierenden Tageszeitungen, entsprechend fällt die
Rate bei der Betrachtung der publizistischen Einheiten (135 nach Schütz7: plus drei: 15 Uhr aktuell, 20 Minuten Köln,
Köln extra) mit Online-Auftritt aus (125 = 90,58%). Eine weiterführende
Klassifikation nach der Positionierung des Angebotes zeigt, das 242 Angebote in
insgesamt 37 Verbundangeboten und nur 124 alleine stehen (Rest zu 388 nicht
einzuordnen): dies verdeutlicht, dass nur ein Drittel der Tageszeitungen ein
eigenständiges, auf die journalistische Informationsverbreitung konzipiertes
Online-Aufgebot anbieten. Im
Bereich der Wochen- und Sonntagszeitungen (hier nur überregionale mit
universellem Inhalt) weisen elf von 15 (73,3%) ein Online-Auftritt auf: davon beschränken
sich neun auf die Präsentation einiger aus dem Printbereich übernommenen
Artikel, während „Bild am Sonntag“ und „Welt am Sonntag“ jeweils Leseforen beim
Online-Angebot der jeweiligen Schwesterblätter eingerichtet haben. In
der Rubrik der Publikumszeitschriften sind zwei gleichberechtigte Quellen mit
unterschiedlichen Zählverfahren zu beachten: der IVW[8] zählt 171
Publikumszeitschriften (Stand: 4. Quartal 1999), von denen 123 (entspricht
71,9%) ein Online-Angebot aufweisen, wohingegen nach der Bemessungsgrundlage
des Wissenschaftlichen Institutes für Presseforschung und Medienberatung, kurz
WIP, von 245 Publikumszeitschriften 121 (entspricht 49,5%) einen
Online-Auftritt vorweisen können. Angesichts der absoluten Zahlen verliert die
prozentuale Differenz ihre Aussagekraft, was auch für die Betrachtung der
Untergruppierungen innerhalb der Mediengattung gilt: hier ist bezüglich der
Rate von Publikumszeitschriften mit Online-Auftritt folgendes, nach beiden
Quellen gleichartiges Verhältnis zu beobachten. Die Gruppe der aktuellen und
der Programmzeitschriften verfügt zu 90,25% über einen Online-Auftritt, bei den
Zielgruppenzeitschriften (Frauen und Jugend) beträgt die Rate 67,15% und im
Bereich der Lifestylezeitschriften existieren Online-Angebote von ca. 60% der
Printausgaben. Bemerkenswert ist allerdings der Sachverhalt, dass nur
verhältnismäßig wenige Publikumszeitschriften aktuelle Informationen anbieten:
die Gruppe der aktuellen und der Publikumszeitschriften erreicht hier einen
Wert von ca. 26% , die Lifestylezeitschriften ca. 12% und die
Zielgruppenzeitschriften lediglich eine Rate von 6%. Dies läßt daraus erklären,
dass die Online-Auftritte vieler Zeitschriften in den Verbundsangeboten ihrer
Verlage untergebracht sind und sich der Inhalt hierbei auf Kurzportraits und
Serviceangebote beschränkt. Hieraus wird deutlich, dass das Internet als
Publikationsmedium für die ökonomisch bedeutsame Gruppe der
Publikumszeitschriften wenig geeignet zu sein scheint, was aus der Inadäquanz
der Nutzungskonzeption der Publikationsmedien Internet und Publikumszeitschrift
zu erklären ist. Für
die Mediengattung der Fachzeitschriften bezüglich ihrer Online-Angebote gilt
dasselbe Problem der wissenschaftlichen Erfassung wie bei den Printausgaben: da
unter dieser Gattung eine sehr große Bandbreite unterschiedlicher Medientypen
zusammengefasst ist, sind weder akzeptable Unterteilungen noch aussagekräftige
Zählverfahren zu realisieren. Beim IVW8 sind zwar 59 existierende Online-Angebote unter
dieser Rubrik zu finden, aber dieser Wert gibt nicht im geringsten Auskunft
über die realen Zahlenverhältnisse. Allerdings ist – zumindest für bestimmte
Arten von Fachzeitschriften – das Internet als Publikationsmedium sehr
interessant: im Gegensatz zur Printausgabe fallen nur sehr geringe
Vervielfältigungs- und Vertriebskosten an, außerdem sind die neuartigen
Applikationen der digitalen Informationsverarbeitung (Archivierung,
Suchfunktionen, etc.) in hohem Maße dazu geeignet, dem Nutzer von Online-Angeboten
einen sehr viel höheren Nutzwert zu bieten als dies mit einer Printausgabe
möglich ist. Aus
den obigen Ausführungen geht hervor, dass vor allem für die Tageszeitungen und
Publikumszeitschriften, aber auch die Wochen- und Sonntagszeitungen und die
Fachzeitschriften ein Online-Auftritt inzwischen den Normalfall darstellt,
wobei dieser in den meisten Fällen
einen Ableger der Printausgabe darstellt. Hier wird nun eine Standardstruktur
dieser Online-Auftritte bezüglich des journalistischen Inhalts, der
medienspezifischen Besonderheiten und des Nutzungsverhaltens der Rezipienten
vorgestellt, die auf der Analyse mehrerer solcher Auftritte beruht. Dieser
Standardaufbau gilt insbesondere für alleinstehenden Angebote, die in ihrer
Konzeption journalistische Aufgaben wahrnehmen wollen und nicht einfache
Kurzportraits innerhalb von Angeboten mit anderer Schwerpunktsetzung darstellen[9]. Der
optischen Aufbau ist bei vielen Angeboten durch eine Drei-Frame-Struktur
realisiert: links ein Navigations-Frame, von dem aus der Nutzer auf die
verschiedenen Inhaltsgruppen geführt wird, in der Mitte der Content-Frame, der
den eigentlichen Inhalt anzeigt und rechts ein weiterer Frame, in dem häufig
Zusatzangebote zu finden sind. Die
Inhaltsgruppen entsprechen meistens den klassischen Zeitungsressorts Politik,
Wirtschaft, Feuilleton, Sport und Lokales. In dem meisten Angeboten ist der
Inhalt dieser Gruppen identisch mit dem Inhalt der Printausgabe, da die Artikel
nur übernommen und mediengerecht aufgearbeitet werden (Verlinkung, eventuell
kleinere Bearbeitung) – sehr selten findet man eine eigenständige redaktionelle
Arbeit speziell für den Online-Auftritt. Diese Mehrfachnutzung von
journalistischen Erzeugnissen, auf dem Online-Markt auch als Windowing oder
Content-Sharing bezeichnet, ist die einfachste und am weitesten verbreitete Art
der Inhaltsgenerierung für die Online-Angebote alter Pressemedien, weshalb man
diese Angebote auch als Auftritte oder Ableger des jeweiligen Printmediums
bezeichnet. Dies führt zwar zu einer Vergrößerung der journalistischen
Angebotspalette, allerdings trägt es nicht zu einer Erhöhung der
publizistischen Vielfalt bei, welche als Qualitätsindikator der Pressestruktur
in einer demokratischen Gesellschaft gilt. Folgende,
meist im rechten Frame zu findende Zusatzangebote, mit denen mittels
medienspezifischer funktionaler Neuerrungen ein Mehrwert für den Nutzer geboten
werden soll, sind in der Standardstruktur zu nennen: erstens ein Newsticker, in
dem in Echtzeit die neuesten Agenturmeldungen vom Nutzer eingesehen werden
können, zweitens eine Diskussionsplattform oder ein Chat-Forum, in dem sich
Nutzer über bestimmte Themen austauschen können, drittens eine Suchfunktion für
das schnelle Auffinden von Informationen und viertens ein Kontakt- und Servicebereich,
in dem der Nutzer via Email mit den Produzenten in Kontakt treten kann oder
Informationen über das Pressemedium angeboten werden. Häufig findet man auch
einen Archivbereich, in dem alte Inhalte des Mediums, eventuell entgeltlich,
abgerufen werden können. Über das Nutzungsverhalten der
Online-Angebote durch die Endverbraucher sind bisher nur wenige
wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt worden: im Allgemeinen läßt sich
dennoch feststellen, dass die Online-Angebote vielfach erst nach 18 Uhr und
meist kürzer als die Printausgaben genutzt werden. Da in der Internetausgabe
die aktuellen Inhalte schon am Vorabend des Erscheinens der Printedition
erhältlich sind, läßt sich hieraus eine wichtige rezipientenseitige
Nutzwerterweiterung durch den Aktualitätsvorteil
gegenüber der Printausgabe ersehen. Eine im Verhältnis zur Printausgabe große
Nutzergruppe ruft die Angebote von außerhalb des eigentlichen
Verbreitungsgebietes auf: hier läßt sich auf eine Nachfrage von heimatlicher
Medienberichterstattung bei Reisenden rückschließen. Die Vorteile journalistischer
Online-Angebote gegenüber den Printmedien liegen in der punktuellen Aktualität,
der weltweiten Verbreitung sowie einem Mehrwert für den Nutzer. Demgegenüber
stehen als Nachteile eine niedrigere Glaubwürdigkeit des Internet gegenüber den
Printmedien aus Rezipientensicht, die noch niedrige Penetrationsrate des
Internet im Vergleich zu den Printmedien und die bisher unbekannte
Nutzungssituation des Lesens am Bildschirm: allerdings ist durch die weiterhin
zu erwartende zunehmende Ausbreitung des Internet und damit des Wachstums des
Online-Marktes sowie durch technische Innovationen eine Änderung der Ursachen
dieser subjektiv wahrgenommen Nachteile wahrscheinlich. Aufgrund
der vorhergehenden Analysen wird als grundlegende Agitationsmotivation der
alten Pressemedien auf dem Online-Markt das primäre Ziel der Marktbesetzung
deutlich: diese beruht auf dem Interesse der Sicherung von Marktanteilen und
damit auf der Sicherung und Erschließung neuer Erlösquellen durch mehr
verkaufbare Werbefläche, ertragsreiche Zusatzangebote (e-commerce) und dem
möglichen Verkauf journalistischer Erzeugnisse. Das Handlungsbedürfnis der
Medienunternehmen wird außerdem von den sehr hohen Entwicklungsprognosen und
dem oben erläuterten Konkurrenzpotential des Online-Marktes gegenüber des alten
Pressemarktes gestärkt. Es entstanden schon in den frühen Phasen des
Online-Marktes Mitte der 90-er Jahre viele Online-Angebote von
Presseunternehmen, die zunächst einfache Kopien der Printausgaben darstellten
und schnell eine durch die Standardstruktur beschriebene Form annahmen.
Einhergehend mit der Erfahrungssammlung und der Entwicklung der technischen
Möglichkeiten des neuen Mediums entwickelten sich weiterführende
Strategieformen der Presseunternehmen für ihre Online-Aktivitäten vor allem auf
dem Gebiet der Kundenakquisition: die Gewinnung von Neukunden soll durch die
Zusatzangebote sowie Eigenwerbung innerhalb eines Online-Auftritts und dem
damit verbundenen Prestigegewinn gefördert werden, die Stammkundschaft soll
durch das erweiterte Angebot mit der Möglichkeit zur Nebeneinandernutzung
verschiedener Medientypen, sogenannter Cross-Media-Angebote, gehalten werden[10].
Sehr
auffällig bei den Online-Angeboten ist, dass sie kein eigenes ausgeprägtes
Produktprofil ausweisen, sondern noch sehr von der Printausgabe dominiert
werden: hieraus wird deutlich, dass die alten Presseunternehmen sich gerade in
der Erprobungsphase der Vermarktungspotentiale von journalistischen
Erzeugnissen auf dem Online-Markt befinden. Somit sind die behandelten
Online-Auftritte eher als Vorläufer von den gesamten Publikationsbereich von
Verlagen umfassenden Electronic-Publishing-Systemen zu verstehen als
ein ausgereiftes Konzept zur Bearbeitung des Online-Marktes[11].
Die
Unklarheiten über die Marktstrukturen sind nicht allein das Problem des
Pressemedien, denn aufgrund der oben erläuterten Charakteristika des
Online-Marktes entwickeln sich neue hier Strukturformen, welche zunächst
erkannt werden müssen, um als Grundlage einer Produktkonzipierung dienen zu
können. Neben den grundlegenden Wertschöpfungsketten und Kostenstrukturen, die
im nächsten Abschnitt behandelt werden, ist für journalistische Online-Angebote
vor allem die neuartige ökonomische Funktion von Nachrichten bedeutsam:
sie werden als Marketinginstrument zur Aufmerksamkeitsgewinnung für kommerziell
orientierte Online-Angebote eingesetzt, wodurch der Nutzwert von Angeboten mit
journalistischer Ausrichtung gemindert und somit die Grundlage der
Presselandschaft gefährdet wird[12]. Teil III:
Die Wettbewerbsstrukturen des Online-Marktes
In
den Ausführungen über die grundlegenden Charakteristika des Online-Marktes sind
dessen Funktionsweise nach neuartigen Marktstrukturen deutlich geworden: sie
resultieren aus der hohen Dynamik, dem schnellen dezentralen Wachstumsprozess
sowie der ständigen Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur. Aus dem
beschriebenen unstrukturierten Engagement der Pressemedien auf dem Online-Markt
zeigt sich, dass diese Marktstrukturen und damit die Vorgehensweisen für die
Marktbearbeitung bisher relativ unbekannt sind, wobei diese Unkenntnis der
Marktprozesse und -abhängigkeiten für alle Bereiche des Marktes gilt. Um eine
Verständnisgrundlage dieser Prozesse zu erlangen, werden in diesem Abschnitt
die grundlegenden Marktstrukturen des Online-Marktes an Hand der ökonomischen
Funktionsweise, der Kosten- und Erlösstrukturen, der Wertschöpfungskette und
Basisstrategien für die Produktkonzipierung aufgezeigt[13]. Als
erster Beeinflussungsfaktor der ökonomischen Abhängigkeiten auf dem
Online-Markt ist die Marktkonvergenz dreier bisher relativ unabhängig und
nebeneinander agierenden Branchen zu nennen: dem Mediensektor, welcher die
Informationsversorgung der Öffentlichkeit sicherte, dem
Telekommunikationssektor, zuständig für die Bereitstellung von
Kommunikationsnetzen, und dem Sektor der Informationstechnologie, der mit
digitalen Informationsverarbeitungssystemen die technische Basis des Internet
liefert. Der Konvergenzprozess zeichnet sich erstens durch eine wechselseitige
Marktdurchdringung der Sektoren und zweitens durch eine intersektorale
Verknüpfung aus, wodurch eine neue Art von informatorischen
Dienstleistungsprodukten generiert wird. Der zweite Faktor ist ein neues
ökonomisches Modell, welches sich aufgrund der neuartigen Infrastruktur ergibt:
der wesentliche Aspekt ist hierbei, dass die Handels- und Vertriebsstruktur
nach den Prinzipien von Netzeffekten funktionieren und somit die
Regeln der klassischen Mikroökonomie, also der Preisfestsetzung durch Angebot
und Nachfrage, für den Online-Markt nicht angewandt werden können. Unter
Netzeffekten versteht man, dass die Struktur eines Netzes Auswirkungen auf
Außenstehende hat, die wiederum das Netz selbst beeinflussen, ohne dass diese Auswirkungen innerhalb des
Netzes gesteuert werden können. Es wird unterschieden zwischen direkten
Netzeffekten, bei denen die quantitative Größe des Netzes eine Wertsteigerung
hervorruft (sogenannte Economies of Scale), und indirekten Netzeffekten, bei
denen die Qualität des Netzes relevant ist. Auf dem Online-Markt sind die
Produkte als diese Netze zu verstehen, woraus sich spezielle Anforderungen an
das Produkt ergeben: Es ist somit erstens wichtig, ein möglichst großes und weitgefächertes Produktangebot zu erstellen,
um den Größeneffekt, den direkten Netzeffekt, zu nutzen. Die
Qualitätssteigerung für die Ausnutzung der indirekten Netzeffekte kann durch
die Kompatibilität der Einzelprodukte eines Netzwerkes gewährleistet werden, weshalb
häufig einheitlich konzipierte Produktgruppen, sogenannte Systemprodukte
entstehen: diese Quasi-Standardisierungen heben den Marktwert des
Gesamtproduktes und somit den des Netzes an und lassen manchmal eine
langzeitige Bindung des Nutzers an Produkte zu (bezeichnet als Lock-In-Effekt)13. Die
Kostenfaktoren im Online-Markt sind gut vergleichbar mit denen in der
Medienökonomie, denn die Erstellung von Inhalten ist in beiden Fällen keine
Massenproduktion und somit sind die Faktoren identisch: Produktion,
Betriebskosten sowie Vertrieb. Die Produktion für internetbasierte Inhalte ist
aufgrund digitaler Bearbeitung nur auf die einmalige Herstellung beschränkt, es
fallen also keine Vervielfältigungskosten wie beim Druck an. Die Betriebskosten
eines Online-Angebotes beinhalten neben den Personalkosten im Vergleich zum
Pressebereich hohe Fixkosten im Bereich der technischen Ausstattung, wohingegen
der Vertrieb gegen null laufende Grenzkosten bei längerer Laufzeit durch die
Verbreitung mittels Internet aufweist: dies ist ein deutlicher Vorteil
gegenüber den Pressemedien und somit sind die zu erwartenden Kosten eines
Online-Angebotes geringer als die eines vergleichbaren Printartikels13. Die
Erlösquellen für journalistische Produkte auf dem Online-Markt umfassen neben
der Werbung und dem Verkauf von journalistischen Erzeugnissen die Möglichkeiten
der Kommission in einer strategischen Allianz und des Data Mining. Der Bereich
der Werbung verläuft nach den gleichen Prinzipien wie im Printbereich: der Wert
eines Werbeträgers wird durch die Kontaktzahl, die Reichweite und die
Kontaktqualität bestimmt. Der Verkauf von Informationen ist mit der Funktion
von Agenturen im Printbereich vergleichbar. Die neuartige Form der Kommission
und der Bildung strategischer Allianzen umfasst die vielfach angewandte
Einnahmemöglichkeit durch vertragliche Kooperationen mit Anbietern aus anderen
Bereichen: viele Ebenen von direkter Vernetzung bis hin zu Verbundangeboten mit
unterschiedlichen finanziellen Strukturen werden unter diesem Begriff
zusammengefasst. Mit Data Mining werden Erlöse benannt, in denen Daten mit
hohem Weiterverwendungswert (z.B. Adressenlisten) auf entsprechende Nachfrage
verkauft werden13. Bei
der Betrachtung der Wertschöpfungskette im Online-Markt muß man den Kreis der
relevanten Produkte etwas weiter fassen als nur journalistische Erzeugnisse:
denn neben den Stufen der Produktion (zentraler Produktinhalt), des Packaging
(das Aufbereiten zu einem marktfähigen Produkt) und des Vertriebs an die
Endverbraucher sind noch weitere Wertschöpfungsmöglichkeiten zu nennen, die im
Printbereich nicht existieren. In der Kette sind dies nach dem Vertrieb erstens
Navigationsleistungen, worunter die Manipulation der Infrastruktur durch Hard-
und Software verstanden wird, zweitens die Mehrwertschaffung durch
weiterführende Servicedienstleistungen und drittens die Bereitstellung von
Endgeräten zur Nutzung des Internet. Diese im Pressebereich ausgeschlossenen
Wertschöpfungsstufen sind aufgrund der oben genannten Konvergenz von Medien,
Telekommunikation und Informationstechnologie in den Prozess des Online-Marktes
aufzunehmen, da erst dadurch die Gesamtheit der möglichen Produkte von
Online-Angeboten erfasst wird. Weiterhin ist wichtig, dass diese Kette zwar den
Wertschöpfungsprozeß darstellt, die Konzeption von Online-Angeboten allerdings
mehrere der genannten Stufen unabhängig ihrer Position innerhalb der
Wertschöpfungskette umfassen kann, woraus die große Vielfalt möglicher Produkte
resultiert13. Unter
Berücksichtigung der besprochenen Wettbewerbsdeterminanten des Online-Marktes
ergeben sich einige strategische Modelle, die als Leitbilder bei der Konzeption
von marktorientierten Geschäftsmodellen dienen können. Dabei entstehen vier
Konzepte aus grundsätzlichen Überlegungen der Produktkonzipierung auf der Basis
einiger der oben genannten Aspekte: diese sind allerdings nicht zur direkten
Anwendung gedacht, sondern bedürfen einer Anpassung an die jeweilige
Marktsituation[14]. Das erste Konzept ist ein Appell
an die Zielsetzung des Angebotes, welches durch die drei ´C´ Content,
Community, Commerce beschrieben wird. Hinter diesen Schlagwörtern verbirgt sich
folgende strategische Überlegung: durch ein inhaltlich gutes Angebot (Content)
soll die Aufmerksamkeit viele Nutzer
erregt werden, welche sich mit dem Image des Angebotes identifizieren können
und so an das Produkt gebunden werden (Community); der resultierende Prestigegewinn soll die Nutzung ertragreicher
e-commerce-Angebote fördern (Commerce)14. Die
zweite strategische Überlegung befasst sich mit der Konzeption des
Gesamtproduktes eines Online-Angebotes, wobei im Hinblick auf indirekte
Netzeffekte das Produktprogramm als Systemprodukt konzipiert werden sollte:
dies bedeutet, dass jedes Einzelprodukt mit allen anderen kompatibel ist und
eine eindeutige Platzzuweisung innerhalb des Gesamtproduktes erfährt. Weiterhin
sollte ein Systemprodukt möglichst viele Wertschöpfungsstufen abdecken, um eine
bessere Risikoverteilung zu gewährleisten14. Eine
Erweiterung des zweiten Konzeptes stellt die Bildung sogenannter Business Webs
dar, welche das dritte Strategiekonzept bilden. Hierunter versteht man
strategische Allianzen von Unternehmen, die gemeinsam ein Systemprodukt
anbieten, um einmal die indirekten Netzeffekte auszunutzen und zum zweiten die
Größe des Netzes auszubauen und so einen Skaleneffekt aus dem direkten
Netzeffekt zu erzielen. Außerdem wird hier die Erlösquelle der
Kommissionspartnerschaft genutzt, wobei sich die einzelnen Unternehmen auf ihre
Kernkompetenzen spezialisieren können und trotzdem ein großes Absatzpotential
vorfinden. Ein Beispiel für ein derartiges Technology-Web ist die Kooperationen
von Intel und Microsoft auf dem PC-Markt (Wintel), wohingegen im Bereich des
Journalismus eher Customer-Webs zu empfehlen sind, die nutzerorientiert ein
breites Informationsangebot präsentieren können14. Die
vierte strategische Überlegung beschäftigt sich mit der Preisfindung für
Online-Angebote. Hier besteht eine Besonderheit des Online-Marktes im Gegensatz
zu den klassischen Eintrittspreisstrategien: oftmals werden Produkte kostenlos
vertrieben (Follow the Free), was auf das primäre Ziel der Sicherung von
Marktanteilen zurückzuführen ist und erst in sekundärer Hinsicht auf eine
Gewinnerzielung hinausläuft. Da auf dem Online-Markt zusätzlich generell sehr
kurze Produktlebenszyklen existieren, sind kostenpflichtige Produkte nur in
speziellen Fällen überhaupt absetzbar. Da das Endverbraucherprodukt
Informationen häufig kostenlos bereitgestellt wird, können im Gegensatz zum
Printbereich der Presseartikel keine Erlöse aus dem Vertrieb von Informationen
gewonnen werden. Insbesondere gilt dies für journalistische Online-Angebote,
deren Produkt Nachrichten keine direkten Erlöse erzielen, weshalb derartige Angebote
komplett refinanziert werden müssen14. Anzumerken bei den vier
strategischen Grundkonzepten ist, dass die Ausführungen nur die generelle Idee
erläutern und sich nicht mit der Umsetzbarkeit oder den natürlich existenten
Problemstellungen beschäftigen. Teil IV:
Neue Konkurrenzformen für die Massenmedien
Es
existieren viele Online-Angebote, die eine ökonomisch erfolgsversprechendere
Basis aufweisen als die im zweiten Teil behandelten Online-Auftritte der
Pressemedien. Der Aufbau dieser Angebote beinhaltet häufig ein gesamtheitliches
Produktkonzept, eine Vielzahl von potentiellen Erlösquellen und die Bearbeitung
mehrerer Wertschöpfungsstufen, so dass der Grund der wirtschaftlichen Vorteile
in einer, im Vergleich zu den Online-Auftritten der Pressemedien, stärkeren
Anpassung der Konzeption an die erläuterten ökonomischen Determinanten zu
suchen ist. Eine
Art dieser Angebote sind die sogenannten Internet-Dienstleister, die ein
komplettes eigenständiges Angebot verschiedener internetbasierter
Dienstleistungen beinhalten: darunter fallen Serviceeinrichtungen wie der
Providerdienst, Emailkonten und vermietbarer Webspace für die Kunden,
Veranstaltungs- und Kinodatenbanken sowie gewinnträchtige e-commerce-Angebote.
Aktuelle Nachrichten – manchmal in Form von eingekauften Newstickern - sind
ebenfalls vorhanden, allerdings dienen sie hier in erster Linie dem schon oben
beschriebenen Zweck des Kundenfangs und weniger der journalistischen Intention
der Informationsverbreitung[15]. Eine
zweite Art von andersartig konzipierten Online-Angeboten sind sogenannte
Internetportale: sie haben als Zielsetzung entweder die Schaffung einer
allgemeinen Eingangsseite für das Internet oder diese Funktion als
Übersichtsseite für einen bestimmtes Themengebiet zu übernehmen: diese Portale
sind der Gegenstand einer zweiten Gliederung von Online-Angeboten. Die
allgemeine konzeptionelle Struktur dieser Portale ist auf eine breite
Zielgruppe hin ausgerichtet , weshalb sie eine hohe Funktions- und
Nutzungsvielfalt und – entsprechend der Zielgruppe – eine große Fülle von
Informationen anbieten. Damit verfolgen sie das strategische Grundkonzept der
drei ´C´, um sich auf dem Markt zu etablieren. Diese Portale sind in zweifacher
Hinsicht als ernstzunehmende Konkurrenz für die alten Medien zu betrachten:
erstens weisen sie sehr hohe Aufrufquoten auf und zweitens schmälern sie
aufgrund ihrer inhaltlichen Qualität den Nutzwert der Online-Angebote von alten
Medien erheblich. Die
erste Gruppe von Portalen sind allgemeine Portale, die als Eingangsseite für
das Internet dienen wollen. Die Struktur dieser Portale ist dem der oben
erwähnten Internet-Dienstleister sehr ähnlich, wobei die Informationen sehr
allgemeinen Charakter haben, um ein breit gefächertes Publikum anzusprechen. In
diese Kategorie fallen 14 Angebote (Stand: 31.12.1999[16]), von denen die meisten als
Suchmaschinen schon lange auf dem Online-Markt existieren und sich mit der Zeit
zu weithin bekannten Portalen entwickelt haben (z.B. Yahoo, Exite, Fireball,
etc.). Die anderen Online-Angebote dieser Gruppe wurden von großen
Medienunternehmen mittels sehr hoher Investitionen zu Portalen entwickelt (z.B.
T-online, AOL). Die
zweite Gruppe stellen die Finanzportale dar, die ausführliche
Informationsangebote über Finanzmärkte beinhalten und über weiterführende
Zusatzangebote verfügen wie Real-Time-Börsenkurse, Expertenrateschläge,
Archive, Lexika, Diskussionsforen und Dienstleistungen für den Finanzbereich.
Diese Angebote haben sich auf die Verknüpfung von Wirtschaftsberichterstattung
und Finanzdienstleistungen spezialisiert und bieten dem Nutzer damit einen bedeutsamen Nutzwertvorteil, der
von den Massenmedien nicht erreicht werden kann. In dieser Gruppe befinden sich
77 Angebote als Ableger existierender Fachpresse und 15 reine Online-Angebote
(Stand:01.02.200016), so dass hier eine umfangreiche starke
Konkurrenzstruktur zu den Massenmedien entstanden ist. In
der dritten Gruppe sind jene Angebote zusammengefasst, die eine Portalfunktion
für spezielle Interessengebiete wahrnehmen. Sie sind in vergleichbarer Art und
Weise aufgebaut sind wie die Finanzportale und verfügen zumeist ebenfalls über
einen die entsprechenden Pressemedien weit übertreffenden Wertzuwachs für die
Nutzer. Da es auf diesem Gebiet - vergleichbar zu den Fachzeitschriften – eine
unüberschaubare Anzahl und Differenzierung von Angeboten gibt, liegen keine
statistischen Zahlen vor: ein Beispiel für ein solches Angebot ist die Website www.webmonkey.com, die eine Portalfunktion
für das Gebiet der Programmierung von Internetseiten erfüllt. Die
vierte und letzte Gruppe von Portalen sind sogenannte Lokalportale: sie
beinhalten neben einer lokalen Berichterstattung Informationsangebote wie
Veranstaltungskalender, Kleinanzeigen, Stadtpläne, etc., so dass sie die
Funktion von regionalen Informationszentren übernehmen. Diese Art von Portalen
stellt ebenfalls eine starke Konkurrenz für die Printpresse dar, da sie
umfassendere Informationen bieten können und außerdem die sehr wichtige
Einnahmequelle der regionalen Werbeanzeigen bedienen. Auch über diese Gruppe
liegen keine statistischen Zahlen vor, allerdings sind in den meisten
geographischen Ballungszentren jeweils derartige Angebote vorhanden (z.B. www.BerlinOnline.de). Diese
Gliederung informatorischer Online-Angebote zeigt sehr deutlich, dass sich,
bedingt durch die egalitäre Struktur des Online-Marktes, eine bedeutende
Konkurrenzsituation für die Massenmedien entwickelt hat, die von den
Presseunternehmen nicht durch die bisherigen Online-Auftritte zu kontrollieren
ist. Dies stellt zwar keine unmittelbare Existenzbedrohung für die Printmedien
dar, doch für die Agitation auf dem Online-Markt müssen neue strategische
Konzepte entwickelt werden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die bisherigen
Versuche bestehen dabei in der Kooperation mit ökonomisch erfolgreichen
Online-Anbietern, um zumindest die Erlösquelle der Kommission zu nutzen. Da
dies allerdings kein Konzept für eine eigenständige und langfristige
Partizipation am Onlinegeschäft ist, sind verschiedene allgemeine strategische
Vorschläge zur Profilierung auf dem Online-Markt unterbreitet worden: dabei ist
der meist geforderte die Besinnung auf die journalistischen Grundprinzipien und
einen Mehrwert für die Nutzer durch qualitativ hochwertigen Journalismus zu
schaffen, wobei die Glaubwürdigkeit der etablierten Medien als Marktvorteil
ausgenutzt werden soll[17].
Bisherige Aktivitäten in dieser Richtung haben allerdings noch keine
überzeugenden Ergebnisse geliefert. Teil V:
Die Finanzierung auf dem Online-Markt
Viele
Aspekte der Finanzierung auf dem Online-Markt sind schon in anderen
Zusammenhängen angesprochen worden und sollen hier noch einmal strukturiert
zusammengefasst werden, wobei nur die für journalistische Angebote wesentlichen
Aspekte kurz besprochen werden. Eine
generelle Eigenschaft des Online-Marktes in seiner momentanen Phase ist die
primäre Sicherung von Marktanteilen und erst in zweiter Linie die
Erwirtschaftung von Gewinnen: dies bedeutet für alle Wettbewerber, das eine
entsprechende Kapitalabsicherung für die Start- und Betriebskostendeckung
gegeben sein muß, um ein langfristiges Engagement durchzuführen. Der
wichtigste, auch schon erwähnte Aspekt für die Finanzierung von
journalistischen Erzeugnissen auf dem Online-Markt besteht darin, dass
Information als Wirtschaftsgut hier nur in sehr speziellen Fällen verkauft
werden kann und somit keine Einnahmen aus dem Vertrieb von Nachrichten erzielt
werden können: das bedeutet, dass journalistisch orientierte Online-Angebote
komplett refinanziert werden müssen. Die möglichen Erlösquellen sind dabei
Werbung, Transaktionen, Kommissionen und Data Mining sowie gewinnträchtige
Zusatzangebote (e-commerce) und Service-Dienstleistungen. Da bisher keine
gesetzlich verankerten Vorschriften über die Handhabung von Werbung im Internet
bestehen, versuchen viele Anbieter ihre Einnahmen durch Schleichwerbung zu
erhöhen: hiermit sind bezahlte Links und ungekennzeichnete Werbung gemeint.
Mehrere Vereinigungen von Produzenten aus der Online-Branche und auch aus dem
Pressebereich fordern aufgrund dieser Vorkommnisse eine Richtlinie zur Trennung
von Inhalt und Werbung bei Online-Angeboten, die mit dem deutschen Pressekodex
im Printbereich vergleichbar ist und die verpflichtende Kennzeichnung von
Werbung und das Verbot verdeckter Kooperationen vorsieht. Die Durchsetzung
dieser Forderung geschieht vornehmlich durch Gerichtsurteile niederer
Instanzen, die allerdings nicht die komplette gesetzliche Bearbeitung dieser
Forderung zum Gegenstand haben[18]. Als
zukünftige Haupteinnahmequellen auf dem Online-Markt werden Werbung und
e-commerce-Angebote prognostiziert, wobei die Werbebranche bisher sehr
zurückhaltend auf dem Online-Markt agiert und erst seit kurzem damit befasst
ist, allgemeine Bearbeitungsstandards für Werbeformate zu entwickeln[19].
Der e-commerce Bereich hat sich als das gewinnträchtigste Geschäftsmodell der
Onlinehandels etabliert, da hier Waren mit, im Vergleich zu einem realen Laden,
sehr niedrige Betriebskosten und zu günstigen Preisen verkauft werden können.
Außerdem werden durch die oben beschriebenen strategischen Konzepte viele
Internetnutzer auf diese Angebote geleitet, um den Traffic und damit den Umsatz
zu erhöhen: die Akzeptanz von e-commerce-Angeboten hat sich nach anfänglichem
Zögern so weit erhöht, dass hiermit eine solide Einnahmequelle geschaffen
wurde. Zusammenfassung
Aus den Untersuchungen sind zwei
Ergebnisgruppen als relevant zu betrachten: Erstens die Erkenntnisse über die
ökonomischen Strukturen des Online-Marktes und zweitens jene über die
Wettbewerbssituation von informatorischen Online-Angeboten. Diese werden hier
bezüglich der wesentlichen Aspekte zusammengefasst und ihre Bedeutung für
unternehmerische Aktivitäten auf dem Online-Markt herausgestellt. Die grundlegenden
Charakteristika des Online-Marktes sind der kurze Existenzzeitraum, die
dezentrale Struktur des Internet als Kommunikationsmedium und das rasante
Wachstum. Die Marktprozesse sind geprägt von hoher Dynamik, starker
Intransparenz und Schnelligkeit und die egalitäre Struktur ermöglicht es
branchenfremden Unternehmen, einen Konkurrenzmarkt zum bestehenden Mediensystem
aufzubauen. Der Wettbewerb des Online-Marktes beruht auf den Prinzipien der
Netzeffekte und erfolgsversprechende Produktprofile resultieren aus der
Konvergenz von Medien, Telekommunikation und Informationstechnologie. Für eine
Vermarktung dieser Produkte werden strategische Ausrichtungen wie die
drei-´C´-Philosophie und Business-Webs benötigt, die auf den spezifischen
ökonomischen Determinanten des Online-Marktes beruhen. Weiterhin sind die
momentanen Agitationen von Wettbewerbern vornehmlich auf die Marktbesetzung und
die Partizipation ausgelegt und erst in sekundärer Hinsicht auf die
Gewinnerzielung. Diese Erkenntnisse implizieren, dass ein Engagement auf dem
Online-Markt viel Aufwand und Innovationsfähigkeit seitens der Anbietern
erwartet, und dass eine langfristige Planung für Onlineaktivitäten aufgrund der
unvorhersehbaren Marktentwicklung nicht möglich erscheint. Die Entwicklung informatorischer
Online-Angebote beruht auf der Entwicklung von Information als
Endverbrauchergut und auf der Möglichkeit, durch das neue Publikationsmedium
Internet einen Konkurrenzmarkt zum bestehenden Mediensystem aufzubauen. Die
Online-Auftritte der Online-Medien sind weitgehend als Reaktion auf diese Entwicklung
mit der Hoffung auf eine mögliche Kontrollierbarkeit des Wettbewerbs zu
bewerten, welche aber in Hinblick auf die Ergebnisse der vorgenommenen zweiten
Gliederung nicht erfolgreich möglich ist. Zwar gehört ein Online-Auftritt zur
Standardausrüstung, aber er scheint nicht konkurrenzfähig zu sein: diese
Fähigkeit kann nur durch eine gute Profilierung innerhalb des Online-Marktes
gewährleistet werden. Die hierzu existenten Vorschläge verlangen jeweils sehr
hohe Investitionen und eine sorgfältige Planung und werden einen – vor allem im
Online-Zeitalter – langen Zeitraum bis zur Verwirklichung in Anspruch nehmen;
dies gilt sowohl für große, den gesamten Publikationsbereich der Verlage
umfassende Electronic Publishing – Systeme als auch für Branchenplattformen des
professionellen Journalismus mit Portalcharakter im Internet, die ihren
Nutzwert aus einer qualitativen und quantitativen Überlegenheit des
Informationsangebotes gegenüber der Konkurrenz generieren sollen. Literaturverzeichnis: ·
Engels, Stefan / Schulz, Wolfgang: „Das neue Recht der Kommunikation
und der Medien. Ein
Kurzüberblick der Novellierungen 1996 und 1997“ in: Reihe Arbeitspapiere aus der
Medienforschung des Hans-Bredow-Instituts, Hamburg
1998, Seite 2 - 37 ·
Manske, Michael: „Die Maschen enger Machen“ in:
message 02/2000 S. 52 – 55 ·
Neuberger, Christoph: „Massenmedien im Internet 1999“ in:
Media Perspektiven 03/2000 , Seiten 102 – 109 ·
Pavlik, John v.: „News als Wettbewerbsvorteil“ in:
message 02/2000 S. 48 – 51 ·
Prothmann, Hardy: „Rhein ins Netz“ in:
MediumMagazin 09/1999, S. 24 ff ·
Schütz, Walter J.: „Redaktionelle und verlegerische Struktur der deutschen Tagespresse“ in:
Media Perspektiven 01/2000, Seiten 30 – 39 ·
Tillmanns, Lutz: „Die Reform reformieren“ in:
message 02/2000 S. 56 – 58 ·
Vogel, Andreas: „Verlage und Electronic Publishing“ in:
Media Perspektiven 02/1999 , Seiten 73 – 81 ·
Zerdick, Axel et. al. : Die Internet-Ökonomie: Strategien für die digitale Wirtschaft,
Springer-Verlag 1999 [1] 1997: ARD/ZDF-Online-Studie, 2000:
D21-Initiative aus: Die Welt: 25.08.2000, Titelseite [2]
Zerdick et. al : Kapitel 4.1, S.137 – 153
(siehe Literaturliste) [3] Christoph Neuberger (siehe Literaturliste) [4] Engels/Schulz, (siehe Literaturliste) [5] Christoph Neuberger (siehe Literaturliste) [6] Christoph Neuberger (siehe Literaturliste) [7] Walter J. Schütz (siehe Literaturliste) [8] Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von
Werbeträger (IVW): http://www.ivw.de Daten
über Online-Auftritte:
http://www.ivw.de/data/index.htm
[9] siehe Präsentation des Seminarreferats unter: http://userpage.zedat.fu-berlin.de/~mistolle/Studium/browsercheck.htm [10] Zerdick et.
al.: Kapitel 3.3 S. 100 – 129 (siehe Literaturliste) [11] Andreas
Vogel (siehe Literaturliste) [12] John Pavlik
(siehe Literaturliste) [13] Zerdick et. al.: Kapitel 4.2 S. 154 – 178 (siehe Literaturliste) [14] Zerdick et. al.: Kapitel 5.1 S. 179 – 217 (siehe Literaturliste) [15] Hardy Prothmann (siehe Literaturliste) [16] Christoph Neuberger (siehe Literaturliste) [17] Andreas
Vogel (siehe Literaturliste) [18] Michael
Manske, Lutz Tillmanns (siehe jeweils Literaturliste) [19] AGB der
Online-Medien, Entwurf des Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. |