Michael Stollberg Urbanstraße 116 10967 Berlin Tel.: 030 / 695 09 813mail: mistolle@zedat.fu-berlin.de Matrikelnummer: 344 94 10 (FU Berlin) Modellieren nach der Chaostheorie
Hausarbeit
zum Seminar Multi-Media – Dienste II : Modellieren und Konzipieren
INHALT: ·
Einleitung 2 ·
Teil I Ø Entstehung der Chaostheorie 2 Ø Grundlagen der Chaostheorie 3 Ø Modellierung von
dynamischen, nichtlinearen Systemen nach der Chaostheorie 5 ·
Teil II Ø Anwendung der Modellierung
nach der Chaostheorie auf Multi-Media-Dienste 8 Ø Beispiele für Modellierungen
nach der Chaostheorie 9 ·
Schlußbemerkungen 11 ·
Anmerkungen /
Literaturhinweise 12 Multi-Media–Dienste
II : Modellieren und Konzipieren TU
Berlin, Kommunikationswissenschaften WS 99 / 00, Dr. J. Lohr Einleitung
In dieser Arbeit soll gemäß
der Thematik des Kurses Multi-Media-Dienste II: Modellieren und Konzipieren
eine Modellierung von Multi-Media-Diensten nach der Chaostheorie bezüglich
Ihrer System-Umwelt-Beziehung einerseits und der systeminternen Beziehungen
andererseits vorgestellt werden. Im ersten Teil werden die
wesentlichen Neuerungen in der Weltanschauung zwischen den ´alten´, etablierten
Wissenschaftsansätzen und der Chaostheorie, dann deren Annahmen über die Welt
als dynamisches System und die
grundlegenden Beziehungen aufgezeigt. Anschließend wird die Modellierung
von dynamischen, nichtlinearen Systemen nach der Chaostheorie erläutert. Im zweiten Teil werden die
Vorteile der Verwendung chaostheoretischer Modelle für Multi-Media – Dienste
besprochen. Die Ausführungen werden an Beispielen mit unterschiedlichen
Betrachtungsebenen verdeutlicht. Teil I
Entstehung der Chaostheorie
Die Chaostheorie begann als
Versuch, gegen die Weltvorstellung des Reduktionismus ein Weltmodell zu
entwerfen, das die komplexe Dynamik der Welt besser beschreiben kann. Nach den Vorstellungen der
reduktionistischen (Natur-) Wissenschaften lassen sich die Vorgänge des
Universums in einfache Einzelbestandteile differenzieren, die dann jeweils
bestimmten mathematischen Gesetzen unterliegen. Durch anschließendes
Reintegration können auch höchstkomplexe Zusammenhänge durch ein System aus
klar berechenbaren, logischen Beziehungen erklärt werden; aus dieser Annahme
heraus erklärte Laplace (franz. Physiker 1749 - 1827), daß durch
Ausdifferenzierung und Weiterentwicklung der aus den Arbeiten von Galilei und
Newton hervorgegangenen Himmelsmechanik sowie den Lehren Descartes‘ eine
einzige mathematische Formel generiert werden könne, auf die alle Vorgänge
zurückgeführt und somit erklärt werden
können (daher die Bezeichnung der reduktionistischen Wissenschaft). Experimentelle Ergebnisse, in denen die
mechanistischen Gesetzmäßigkeiten für abgeschlossene Systeme nachgewiesen
wurde, bestärkten die Annahme, das eine allgemein gültige Weltformel zu
generieren sei, wenn alle Faktoren, die das ´abgeschlossene System´ Universum
beeinflussen, bekannt seien. Das signifikante Problem
dieser reduktionistischen Mathematik besteht darin, daß die Gültigkeit der
mechanistischen Gesetze für komplexere Systeme einfach durch Näherungsverfahren
nachgewiesen werden. Theoretisch soll die Korrektur der Aussage durch Addition
unendlich vieler Näherungsschritte erfolgen, in der Praxis benötigt man hierfür
nur eine endliche Anzahl, da die Korrekturauswirkungen der einzelnen Schritte
logarithmisch abnehmen. Die entscheidende Frage ist, ob der n-te
Näherungsschritt, der eventuell eine Unregelmäßigkeit im Kurvenverlauf der
Korrekturauswirkung beschreibt, nicht einen bedeutenden Umschwung des
Gesamtsystems verursachen könnte, verstärkt durch iterative
Rückkopplungsprozesse. Schon Ende des 19.
Jahrhunderts beschäftigte sich der französische Mathematiker Henri Poincaré
(1854 – 1912)mit dieser Problematik; er untersuchte die Newton’sche Mechanik in
komplexeren Systemen und stellte als seine Hauptthese fest, daß das
unvorhersehbare Chaos zu den Grundeigenschaften nichtlinearer Systeme gehört
(im Bezug auf nichtlineare Gleichungen, die als Mathematisierung komplexer,
nichtlinearer Systeme fungieren); dies war eine bedeutende Entdeckung.
Allerdings beschäftigte sich die physikalische Forschung in der folgenden Zeit
mit den zeitgleichen Entdeckungen Plancks (Quantentheorie) und der
Einstein‘schen Relativitätstheorie. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts entdeckten
einige Forscher verschiedenster Disziplinen die Annahmen Poincarés wieder,
nachdem sie auf Sachverhalte stießen, die nicht durch reduktionistische
Theorien erklären ließen: z.B. die russischen Chemiker Besulow und Zhabotinsky,
die bei der Zusammenbringung chemischer Substanzen eine zyklischen Prozeß der
Selbstreproduktion der jeweiligen Stoffe beobachteten (Autokatalyse, 1951). Die moderne Chaosforschung
geht auf den Meteorologen Edward Lorenz (MIT) zurück, der 1961 feststellte, daß
trotz der Hinzunahme weiterer Einflußfaktoren wie Windgeschwindigkeit,
Luftdruck, Temperatur, etc. die Treffsicherheit für langfristige
Wettervorhersagen nicht entscheidend beeinflußt wird. Er schloß aus diesen
Einsichten, daß die unvorhersehbaren Reaktionen auf die minimale Änderung von
Einflußfaktoren eines Systems zu einer Grundeigenschaft dynamischer,
nichtlinearer Systeme gehört; also die Bestätigung der Hauptthese Poincarés. Grundlagen der Chaostheorie
Nach den obigen Ausführungen sollen hier die
impliziten und kausalen Annahmen der Chaostheorie vorgestellt werden. Grundlage ist, daß die Welt / das Universum als
nichtlineares, dynamisches (veränderliches) System angesehen und die
Betrachtung dieses Systems in seiner Gesamtheit als Ziel des chaostheoretischen
Ansatzes gilt. Dies ist äquivalent zu den Zielen der reduktionistischen
Herangehensweise, die besagt, daß die unüberschaubare Ambiguität von
Einflußfaktoren und deren Wechselwirkungen im Gesamtsystem als nur noch nicht
ausdifferenzierte Kumulation von Subsystemen, die ihrerseits durch
mechanistischen Gesetzmäßigkeiten determiniert sind, angesehen wird. Das Basistheorem der Chaostheorie dahingegen besagt,
daß das dynamische System, verstanden als die Ganzheitlichkeit der Welt, von
dissipativer Struktur ist: das heißt, daß das System dadurch identifiziert ist,
unaufhaltsam für Strömungen und Einflüsse interner und externer Art empfänglich
zu sein und sich so permanent weiterzuentwickeln. In diesem System herrschen
Chaos und Ordnung als gleichberechtigte Zustände, die nicht eindeutig zu
trennen sind und die sich stetig abwechseln. Dies geschieht an sogenannten
Bifurkationsstellen, an denen der Systemzustand vom Chaos in die Ordnung
übergeht (oder umgekehrt). Diese Punkte sind sehr flüchtig, an ihnen
manifestiert sich eine neue Richtung und eine neue Bifurkation (Zustand) des
Systems. Außerdem können auch Intermittenzen auftreten, die ein ´Fenster´ der
Ordnung im Chaos (vice versa) darstellen. Der wesentliche Unterschied zu den
Annahmen der reduktionistischen Wissenschaft ist, daß das Chaos eine
eigenständige Formatstruktur der Welt ist und nicht der noch nicht
ausdifferenzierte Teil der Ordnung. Es wird zwischen passivem Chaos und dem aktiven
Chaos unterschieden. Passives Chaos heißt maximale Unordnung der Elemente ohne
Aktivationspotential. Im aktiven Chaos, nach Poincaré die Grundeigenschaft von
nichtlinearen Systemen, existiert keine maximale Entropie, daher herrscht ein
Ungleichgewicht der Energie (Aktivationspotentiale) der Elemente. Dieses führt
nach dem Instabilitätsgesetz von Bernard zu einer Selbstorganisation der
Systemkomponenten, da jedes System nach einer Gleichverteilung der Energien
strebt, so wie sie einem theoretischen linearen System herrscht. Verstärkt wird
dieser Prozeß durch iterative Rückkopplungen einzelner Elemente und
Rückkopplungsschleifen im System. Dabei wird implizit eine Koevolution
vorausgesetzt, also die Annahme, daß es generell keine Gleichverteilung der
Energien gibt. Der Vorgang der
Selbstorganisation geschieht durch eine Transformation, bei der mit Ursache des
Gleichverteilungsstrebens der Systemkomponenten leichte Verzerrungen des
Originals ein komplexes Muster ergeben, in dem ein ´seltsamer Attraktor´
besteht: ein Attraktor ist ein Gebiet im Phasenraum (der Darstellung der
Systementwicklungshistorie) mit einer spezifizierten Motivation für das Streben
des Systems in eine bestimmte Richtung. Das besondere am Phasenraum in der
Chaostheorie ist, daß durch Fraktale mittels unterschiedlicher Skalierungen
einerseits Einzeldetails beschrieben werden können und andererseits auf das
gesamte System zurückgeschlossen werden kann. Fraktale sind Abbilder der
Prozesse der dynamischen Systemaktivität; an Ihnen können Wege, Spuren und
Abläufe der Entwicklung aufgezeigt werden. Als Erfinder der fraktalen Geometrie
gilt Benoit Mandelbrot. Die jeweiligen
Systemkomponenten sind kommunikativ durch Rückkopplungsschleifen untereinander
vernetzt und die Veränderungsprozeße der Selbstorganisation verlaufen kohärent,
also gleichzeitig. Dabei ist der Veränderungsprozeß nicht umkehrbar (es kann
nicht auf schon zurückliegende Ereignisse gewirkt werden) und das
Systemverhalten in den Rückkopplungsschleifen ist nicht eindeutig bestimmbar,
weshalb komplexe Systeme in unvorhersehbare Richtungen verlaufen und ihre
Anfangsbedingungen verlieren. Also ist die Zukunftsbestimmung von nichtlinearen
Systemen genauso unmöglich wie die Wiederherstellung ihrer Anfangsbedingungen. Meßbar ist der Systemzustand
nach dem Lapunow-Maß, mit dem der Ordnungsgrad durch die Messung von
Korrelationen und deren Veränderungen im System bestimmt werden kann. Modellierung von dynamischen, nichtlinearen Systemen nach der Chaostheorie Die Modellierung komplexer
Systeme mit iterativen Rückkopplungsprozeßen, die ständigen Änderungen in ihren
Subsystemen und folglich der Herausbildung neuer Bifurkationen in ihrer
Gesamtheit unterliegen, zielt daraufhin ab, erstens die kritischen Punkte
(Bifurkationsstellen) zu identifizieren, und zweitens das Gesamtsystem nach
seinen Kernelementen und deren Wechselwirkungen aufeinander sowie deren
Zusammenspiel zu beschreiben. Dieses soll durch ein mathematisiertes
Modellschema dargestellt werden, das auf nichtlinearen Gleichungssystemen
basiert: Das Systemverhalten soll durch Parametersimulation analysiert werden. Ziel ist es, die
Verhaltensweise des Gesamtsystems nach seiner Entwicklung systematisch zu
beschreiben: zur Beschreibung der Kernelemente fungiert jeweils eine Analyse
bis in die tiefsten Detailebenen als Grundlage zur Erfassung der spezifischen
Charakteristika. Besondere Bedeutung kommt der Knotenidentifikation der
Rückkopplungsschleifen innerhalb und zwischen den Kernelementen zu: hier
konzentrieren sich die Kräfte der jeweiligen Systemkomponenten und die
Veränderungen an diesen Stellen sind von entscheidender Bedeutung bezüglich der
Gesamtentwicklung. Deshalb werden diese Stellen als Hebelpunkte des dynamischen
Systems bezeichnet. Sie können nur durch Iteration (Wiedereinführung der
Ergebnisse in die Berechnung und anschließende Beobachtung des
Ergebnisverlaufes) berechnet werden: mittels dieser Methodik können die
Wechselwirkungen der Systemkomponenten auf jeder Betrachtungsebene beschrieben
werden, was durch die Berechnungsverfahren von linearen Zusammenhängen (die
eingesetzten Werte durchlaufen die Gleichungen und führen zu einem eindeutigen
Ergebnis) nicht möglich ist. Zu beachten ist hierbei, daß Ursache und Wirkung
in einem dynamischen System zeitlich und räumlich getrennt seien können, so daß
die Entwicklung des Systems nicht vorhersehbar und daher nur in Echtzeit
erfahrbar ist. Zweck der Modellierung eines
nichtlinearen Systems ist, eine Rahmen- und Strukturübersicht über das
Gesamtsystem mit der Möglichkeit der Detailvertiefung zu gewinnen. Dies steht
im Gegensatz zu den Zielsetzungen von linearen Modellen, wie sie von der
reduktionistischen Wissenschaft angestrebt wird: nämlich die Erstellung eines
festen Regelwerkes des Systems, daß eine genaue Kontrolle und exakte
Zukunftsprognosen erlaubt. Modellierungen von nichtlinearen Systemen wurden bisher nach den Ansätzen der Kybernetik (z.B. reziproke Kommunikationsmodelle) und der Systemtheorie vorgenommen. Peter M. Senge (MIT, Systemtheoretiker) stellte 1985 ein Verfahren zur Erstellung eines nichtlinearen Modells vor, welches hier als Grundlage dienen soll: sie verläuft nach folgenden Punkten: Sammlung von Daten, die Modellierung, die Prüfung und der Simulation des Modells (siehe Anmerkung 1).
Wie aus der graphischen
Darstellung ersichtlich, bestehen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Punkten.
Die Datensammlung ermittelt die vorhandenen Information und beinhaltet die
nötigen begrifflichen Definitionen sowie die Bestimmung der
Organisationsstruktur und deren Parameter. Aus dem vorhandenen Datenmaterial
wird das Modell entworfen, welches durch Einsetzen alter Daten und den
Vergleich des Modellergebnisses mit der Realität auf seine Validität geprüft
wird. In der Simulationsphase werden Parameter geändert; auf Grund der
Ergebnisbewertung können Änderungen der Systempolitik im Hinblick auf
zukünftige Ereignisse vorgenommen werden. Die Modellierung
nichtlinearer Systeme nach der Chaostheorie soll, wie oben schon erwähnt, nach
derselben Vorgehensweise erarbeitet werden. Zur graphischen Umsetzung der
Modellierung dienen allgemein definierte Symbole, die spezifische
Systemkomponenten inklusive ihrer spezifischen Eigenschaften darstellen. Diese
Symbole sind in drei Kategorien gegliedert: erstens die verarbeitenden
Systemkomponenten (funktionale Determinierung des Systems), zweitens die
aktiven Systemkomponenten (richtungsweisende Determinierung) und drittens die
Systemverbindungen (Komponenten-kommunikation). Als wichtiges Symbol außerhalb
dieser Kategorien ist noch die Systemeinheit zu nennen, in der mehrere
Komponenten zu einem Subsystem zusammengefaßt werden.
Mit Hilfe dieser Methoden
können Modelle über die verschiedensten Zusammenhangs-gruppen eines Systems
erstellt werden. Dabei ist der wesentliche Unterschied zu Modellbildungen
nichtlinearer Systeme nach anderen Ansätzen darin zu sehen, daß durch die qualitative
Erfassung des Gesamtsystems der Blickwinkel sowohl auf die System-Umwelt –
Beziehung als auch auf systeminterne Detailzusammenhänge gelenkt werden kann.
Dazu dienen einerseits die Reduktion auf die Kernelemente und deren
Zusammenhänge und andererseits die Möglichkeit der Fraktalanalyse. Andere
Ansätze zur Beschreibung eines dynamischen Systems erfassen das Gesamtsystem
quantitativ und identifizieren die Elemente vollständig; durch die
resultierende Komplexität des Modells wird dann der Blick auf die momentan
wesentlichen Zusammenhänge verwehrt. Teil II
Anwendung der Modellierung nach der Chaostheorie auf Multi-Media-Dienste In der Multi-Media –
Branche herrschen verschiedene Ansätze
zur Modellierung der System-Umwelt – Beziehungen und systeminterner Beziehungen
vor, mit denen versucht wird, dem rasanten Wandel in der Branche gerecht zu
werden und die als Grundlage der Unternehmensstrategien dienen sollen.
Beispiele hierfür sind zu einen betriebswirtschaftliche Ansätze, die versuchen
mittels Markt- und Ressourcenanalysen die Gegebenheiten zu erfassen, zum
anderen technisch orientierte Verfahren, die auf Grund von
Innovationsperspektiven eine Strategie zu manifestieren versuchen. Da das
Agitationsfeld von Multi-Media-Diensten von mehreren, klassisch getrennten
Bereichen beeinflußt wird, sind diese disziplinspezifischen
Modellierungsversuche jedoch in ihrer Aussagekraft sehr eingeschränkt. Die primären Einflußbereiche
der Multi-Media-Branche sind wirtschaftliche Aspekte, rechtliche
Rahmenbedingungen, die Medienpolitik sowie die Technik. Im Bereich der
Wirtschaft sind die unternehmerischen Ziele (Gewinnmaximierung, optimierte
Wertschöpfungskette) als auch die spezifischen Aspekte der relativ neuen
IT-Branche zu nennen. Der rechtliche Bereich umfaßt die nationalen
Rahmengesetzgebungen wie das Telekommunikationsgesetz, die Informations- und
Kommunikationsdienste-Gesetze, Richtlinien der Landesmedienanstalten und die
Staatsverträge (siehe vor allem Mediendienste-Staatsvertrag) sowie
internationale Richtlinien. Die medienpolitischen Aspekte determinieren den
Einbindungsprozeß von Multi-Media-Diensten in das Mediensystem; hierbei ist die
Macht- und Einflußverteilung interessant, da vor allem große Medienkonzerne
über die nötigen finanziellen und strukturellen Voraussetzungen zur
erfolgreichen Etablierung von Multi-Media – Diensten verfügen. Im Bereich der
Technik sind die Innovationen im Bereich der IT-Technologien hervorzuheben, die
Grundlage für die Entwicklung des Internets als Massenmedium sind. Diese Bereiche zeigen jeweils ein starke Eigendynamik auf und sie
werden getrennt in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen mit sehr
unterschiedlichen Methoden behandelt, was verdeutlicht, daß die Multi-Media –
Branche ein sehr dynamisches System ist. Mit einer Modellierung nach der
Chaostheorie soll der interdisziplinäre Charakter von Multi-Media – Diensten
erfaßbar gemacht werden, um eine effizientere Modellierungsmethode zu schaffen.
Die Besonderheit dieses Ansatzes ist, wie oben erläutert, daß nach dem gleichen
Verfahren verschiedene Zusammenhangsaspekte eines Multi-Media – Dienstes
modelliert werden können und so die Abstimmung durch gegenseitigen Bezug
erleichtert wird. Beispiele für Modellierungen nach der Chaostheorie
Im ersten Beispiel werden in
einem reduzierten Schema
Es wird angenommen, daß die
technischen Innovationen als Grundlage der Weiterentwicklung fungieren, während
die Wirtschaft nach Wachstum und die Unternehmenspolitik primär nach
Gewinnmaximierung strebt. Die rechtlichen Aspekte sollen eine Gleichverteilung
der Interessen sichern und die medienpolitischen Faktoren beeinflussen die
Entwicklungsrichtung des Gesamtsystems auf grund der Zielsetzung des agierenden
Akteure (siehe Anmerkung 3). Im zweiten Beispiel wird die
Modellierung eines fiktiven Multi-Media – Dienstes vorgestellt: hier wird die
Anwendung einer Modellierung nach der Chaostheorie bezüglich der systeminternen
Zusammenhänge präsentiert. Zunächst wird das inhaltliche Konzept des Dienstes
vorgestellt (detailliertere Ausführung werden hier ausgespart, da sie
irrelevant erscheinen), dann folgt die graphische Modellierung mit
Erläuterungen. Der Dienst mit dem Namen ´LOVENET´ ist eine Partnerschaftsvermittlung, die als Online- Angebot mit Zugriff durch das World Wide Web existieren soll. Das Hauptprodukt sei eine datenbankgestützte Annoncensammlung und ein Angebot für private Homepages unter der Dienstdomain, in der die Kunden Partnerschaftsgesuche aufgeben und abrufen können. Dabei sei die einfache Annoncenschaltung mit einmaligen Kosten verbunden, die Belegung des Speicherplatzes für die Homepage wird in Mietstaffeln berechnet. Sonderleistungen wie die Programmierung der Homepage werden extra verrechnet. Als weiteres Element des Dienstes gebe es einen Chatroom, in dem alle User an einem Chat teilnehmen können. In einer interaktiven Spielshow nach dem Vorbild der bekannten Partnerschaftsshow ´Herzblatt´ können wöchentlich Preise gewonnen werden. Zur Verbreiterung der Produktpalette beinhalte die Serviceseite des Dienstes Portalservices zu verschiedenen wirtschaftlichen Kooperationspartnern. Außerdem existiere eine `Member’s Corner´, in der für angemeldete Mitglieder auch erotische Partnervermittlung angeboten werden soll. Die Kundschaft wird unterteilt nach Anzeigenkunden, Mitgliedern, Geschäftspartnern und einfachen Besuchern.
Dieses Modell behandelt den
Schwerpunkt der systeminternen Beziehungen zwischen Kunden, Finanzen und dem
Image von LOVENET. Dies sind die Kernelemente, die die Existenz des Dienstes sichern: denn Kunden
bringen Geld, das erlaubt die Entwicklung und diese determiniert das Image. Dabei werden die
Kernelemente als Systemeinheiten verstanden, die als Kraft auf die
Geschäftsleitung, hier dargestellt als Systemeinheit ´Lovenet´ wirkt. Die
eingehenden Informationen werden analysiert und daraus strategische
Überlegungen getroffen, welche auf die Finanzen als Ressourcenverwendung und
auf das Image wirken. Auf die Kunden ist kein direkter Einfluß möglich, deshalb
kommt dem Image als indirektem Beeinflussungsinstrument auf die Kunden eine
besondere Rolle zu. Dabei gibt es zwei Kategorien des Images: einmal die durch
die Geschäftsleitung direkt kontrollierbaren Aspekte wie Inhalte, Werbung,
Screendesign, etc. und zum anderen die nicht kontrollierbaren Aspekte, worunter
die allgemeine Branchenreputation (in diesem Falle besonders wichtig) und die
öffentliche Rezension fallen. Diese beiden Kategorien stehen in einem
Interaktionsverhältnis zueinander. Zwischen den Unterbereichen
der bisher genannten Systemkomponenten existieren wichtige Beziehungen: so sind
die kontrollierbaren Aspekte des Images abhängig von der Liquidationssituation
des Dienstes und beeinflussen diese. Außerdem bringen die oben definierten
Kundengruppen jeweils spezifische Einnahmen: durch diese Korrelation lassen
sich Preisveränderungen in ihrer Auswirkung auf die Finanzlage durch das
Einsetzen von Simulationsdaten ersehen. Im weiteren Verlauf des Modells
determinieren sie auch das Image, was wiederum Auswirkungen auf die Kunden hat.
Hier wird die Dynamik des Prozesses deutlich. Es werden noch weitere
Randbedingungen wie die Konkurrenzsituation, rechtliche Rahmenbedingungen und
technische Innovationen aufgeführt, die auf das Gesamtsystem wirken, aber nicht
in den Schwerpunkt dieses Modells fallen. Schlußbemerkungen Wie in den Ausführungen
deutlich wird, ist die Verwendung von chaostheoretischen Modellierungsverfahren
für Multi-Media-Dienste sehr geeignet, um einen generellen Überblick des
Agitationsfeldes zu erlangen. Von bedeutender Stellung ist hierbei die hohe
Anwendungsbreite, durch die verschiedene Betrachtungsebenen mit demselben
Verfahren modelliert werden können, wodurch die vergleichende Analyse der
Ebenen praktikabler ist als bei disziplinorientierten Methoden. Allerdings ist
für eine Verwendbarkeit der Modelle eine genaue Absprache über die
Modellierungsschwerpunkte und die Vorgehensweise von Nöten, da die Gefahr der
Fehlinterpretation sehr hoch ist. Anmerkungen: 1.
aus: Probleme und
Lösungen von Multimedia-Diensten und Kommunkationsdiensten im nationalen und
internationalen Umfeld, Jürgen Lohr, VDI-Verlag GmbH, 1998, Seite 85 2.
aus: Probleme und
Lösungen von Multimedia-Diensten und Kommunkationsdiensten im nationalen und
internationalen Umfeld, Jürgen Lohr, VDI-Verlag GmbH, 1998,
Seite 231, 232 3.
aus: Probleme und
Lösungen von Multimedia-Diensten und Kommunkationsdiensten im nationalen und
internationalen Umfeld, Jürgen Lohr, VDI-Verlag GmbH, 1998,
Seite 241 Literaturhinweise: Probleme und Lösungen von Multimedia-Diensten und
Kommunkationsdiensten im nationalen und internationalen Umfeld, Jürgen Lohr,
VDI-Verlag GmbH, 1998 System Dynamics, Mental Models and Development of Management
Institution, Peter M. Senge, Internation System Dynamics Conference, July
1985 Die Entdeckung des Chaos, Briggs / Peat , dtv, 1993 |